Purpose – Trenderscheinung oder strategischer Wettbewerbsvorteil?
«People don’t buy what you do. They buy why you do it.» - Simon Sinek
In diesem Sinne kaufen Konsument:innen nicht nur beispielsweise ein T-Shirt, sondern sie fördern mit ihrer Kaufentscheidung auch den Zweck der Unternehmung. Wer bei Patagonia ein T-Shirt kauft, hat beim Aufstehen nicht nur etwas zum Anziehen, sondern beteiligt sich am Purpose von Patagonia; «we're in business to save our home planet.»
Im Wettlauf von Unternehmen um die Aufmerksamkeit der Konsument:innen, erhebt sich der Purpose zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil. Er verkörpert das Herzstück des Unternehmens, welches weit über reine Gewinnmaximierung oder Marktführerschaft hinausgeht. Diese Entwicklung führt zu einer natürlichen Differenzierung am Markt. Auf der einen Seite stehen Unternehmen wie Patagonia, deren Zweckgetriebenheit offen kommuniziert und von der Öffentlichkeit anerkannt wird. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen wie (dieses Beispiel überlassen wir Ihnen), denen es an einem klar definierten, bedeutungsvollen Purpose mangelt. Dabei stellt sich die Frage, wie Konsument:innen auf diese Unterschiede reagieren. Besonders brisant sind Konsument:innenreaktionen in Fällen von öffentlicher Kritik an Unternehmen.
Nun sind aber reale Unternehmen nur schwer vergleichbar, da sich diese in Branche, Grösse, Reputation und vielen weiteren Faktoren stark unterscheiden. Der ideale Vergleich würde also zwischen zwei identischen Unternehmen stattfinden; einmal mit klarem und einmal mit unklarem Purpose.
Dazu führten wir mit dem Institut für Marketing der Universität Bern kürzlich eine Studie durch. Es wurde kurzerhand das fiktive Unternehmen Leafthread Apparel Inc. ins Leben gerufen. Für die eine Konsument:innengruppe war Leafthred ein herkömmlich gewinnorientiertes Modeunternehmen (unklarer Purpose) und für die andere sozusagen „Patagonia 2.0“ (klarer Purpose). Ansonsten stellten sie die gleichen Produkte her, erzielten die gleichen Vorjahresgewinne und beschäftigten dieselbe Anzahl Mitarbeiter:innen. Nachdem beide Unternehmen den gleichen kritischen Äusserungen ausgesetzt waren, wurde das Verhalten der Konsument:innen beobachtet.
Spannend dabei war, dass Konsument:innen Unternehmen mit einem klaren Purpose eine deutlich höhere Bereitschaft zur Vergebung entgegenbringen, insbesondere nachdem sie für ihr fehlbares Verhalten kritisiert wurden. Dies wird durch den sogenannten Halo-Effekt begünstigt, bei dem positive Eigenschaften der Unternehmung auf die Gesamtwahrnehmung abfärben und somit eine schützende Wirkung entfalten. Allerdings offenbarte die Studie auch eine Kehrseite. Während ein klarer Purpose die Erwartungen der Verbraucher steigert, führt das Verfehlen dieser Erwartungen zu stärkeren Gefühlen des Verrats und einer erhöhten Schuldzuweisung, was den Weg zur Vergebung erschwert. Diese Forschung unterstreicht somit die doppelte Natur des Purpose – als Schutzschild und als potenzielle Quelle für Kritik, falls die Marke den durch ihren Purpose geweckten Erwartungen nicht gerecht wird.
Für Unternehmen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, nicht nur einen starken Purpose zu entwickeln und zu kommunizieren, sondern auch die damit einhergehenden Erwartungen sorgfältig zu managen. Unternehmen mit einem unklaren Purpose könnten von geringeren Erwartungen profitieren, sollten aber dennoch anstreben, ihren Purpose zu stärken, um langfristige Reputations- und Resilienzvorteile aufzubauen.
Für Ihr nächstes T-Shirt können Sie sich also mal bei Leafthread melden. Falls Sie doch eher massgeschneiderte Kommunikationslösungen brauchen oder ihren Unternehmenszweck schärfen möchten, wenden Sie sich an Saige.